Ein (medizinischer) Selbstversuch ist die wissenschaftliche Erprobung an sich selbst. Erste Beschreibungen finden sich ab dem 18. Jahrhundert. Eine große Rolle spielt der Selbstversuch in der Geschichte der Erforschung von Infektionskrankheiten.
Geschichte
Seit dem 18. Jahrhundert gewann der Selbstversuch mit der Entwicklung des wissenschaftlichen Humanexperiments an Bedeutung. Frühe Beispiele sind James Jurins Selbstbehandlung durch die Einnahme von Seifenlauge zur Behandlung seines Blasensteinleidens im Jahr 1740 und Samuel Bards pharmakologische Eigenbeobachtung nach der Einnahme von Opium im Jahr 1765. Anton Störck, Leibarzt von Kaiserin Maria Theresia, forderte für die Forschung mit giftigen Pflanzen die strenge Abfolge von chemischer Bestimmung, Tierversuch und Selbstversuch des Wissenschaftlers, bis es zum klinischen Experiment an Patienten kommen dürfe.
Im 19. Jahrhundert wurden Selbstversuche unter anderem vom Entdecker des Morphins, Friedrich Sertürner, den Erfindern der Inhalationsnarkose, der Lokalanästhesie und der Lumbalanästhesie durchgeführt. Tragische Berühmtheit erlangte der tödliche Selbstversuch des peruanischen Medizinstudenten Daniel Alcides Carrión, der 1885 den Zusammenhang zwischen der Peru-Warze (Verruga peruviana) und dem Oroya-Fieber nachwies.
Den Nobelpreis für Medizin erhielt 1956 Werner Forßmann für seine riskanten Selbstversuche zur Katheterisierung des rechten Herzens (1929) und zur Angiokardiografie (1931). Albert Hofmanns Selbstversuch 1943, mit dem damals von ihm neu synthetisierten LSD, erlangte größere Bekanntheit. Die ethische Ausnahmestellung der Risiken des wissenschaftlichen Selbstversuchs findet sich im Nürnberger Kodex von 1947.
Selbstversuche wurden im Zusammenhang mit der Testung von Impfstoffen gegen AIDS diskutiert.
Kultur
Selbstversuche sind vereinzelt auch Sujets von Filmen, wie beispielsweise Super Size Me (Dokumentarfilm von Morgan Spurlock über den wochenlangen Verzehr von extragroßen Fastfood-Portionen bei McDonald’s) oder Die Fliege (Horrorfilm von David Cronenberg, in dem der Wissenschaftler Seth Brundle einen „Teleporter“ in einem Selbstversuch ausprobiert).
Liste berühmter Selbstversuche (Auswahl)
Literatur
- Andreas-Holger Maehle: Enzyklopädie Medizingeschichte. Hrsg.: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2007, ISBN 978-3-11-019703-7, S. 1318.
- Lawrence K. Altman: Who Goes First? The Story of Self-Experimentation in Medicine. (1. Aufl. 1987) Wellingborough 1988 (englisch).
- Werner Forßmann: Selbstversuch : Erinnerungen eines Chirurgen. Hüthig Verlag 2002. ISBN 3-609-16056-X.
- Seth Roberts & Allen Neuringer: Self-Experimentation, In: Handbook of Research Methods in Human Operant Behavior von Kennon A. Lattal & M. Perone (Eds.), S. 619–655. New York: Plenum Press (englisch).
- Andreas-Holger Maehle: Selbstversuche und subjektive Erfahrung in der Opiumforschung des 18. Jahrhunderts. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 13, 1995, S. 287–297.
Weblinks
Einzelnachweise




